Grundsteine Obwaldens – gelegt von Frauen

Kategorien Kultur, Menschen, Museum / Ausstellung, Obwalden, Regionen, Tradition

Stell dir vor, jede Frauengeschichte wäre ein Stein und aus diesen Steinen baust du den Kanton Obwalden. Du hast richtig gelesen – ein Kanton erbaut von Frauen. Mit welchen Frauengeschichten würdest du bauen? Mit der Geschichte welcher Frau würdest du den ersten Grundstein legen? Meine Wahl: Dorothee Wyss. Die Ehefrau des Volksheiligen Bruder Klaus. Kennst du sie?

2021 ist das Jahr der Frau. 50 Jahre nach dem «Ja» zum Frauenstimmrecht ist es Zeit, mehr über unsere weiblichen Vorfahrinnen zu erfahren. Auch ich, Praktikantin vom Museum Bruder Klaus, begann zu recherchieren.

Die Geschichte der Frau ist in vieler Hinsicht unsichtbar. Das ist nichts Neues. Schon im Spätmittelalter, zu Lebzeiten Dorothees, gab es Frauen, welche die Unsichtbarkeit ihresgleichen bemängelten. In «Das Buch von der Stadt der Frauen» lässt die italienisch-französische Schriftstellerin Christine de Pizan (ca. 1364 -1429) wichtige Frauengestalten aus der biblischen und profanen Geschichte metaphorisch eine Stadt gründen. Die Geschichte jeder dieser Frauen ist zugleich Baustein und Geschichte der Stadt.

Auch die Geschichte Obwaldens besteht aus unendlich vielen Frauengeschichten, doch die meisten davon sind unbekannt. Deshalb will ich es Christine de Pizan gleichtun und den Grundstein für ein «Obwalden der Frauen» legen.

Miniatur aus «Das Buch der Stadt der Frauen», Pariser Werkstatt, 15.Jh., Wikimedia.

Ich lege den ersten Grundstein: Dorothee Wyss

Für das Museum Bruder Klaus ist Dorothee tatsächlich metaphorisch der Grundstein. «Ohne Dorothee Wyss kein Bruder Klaus». Das ist das Mantra, das mir täglich bei den Ausstellungsvorbereitungen begegnet. Denn ohne die Zusage Dorothees, wäre aus Niklaus von Flüe gar nicht der Eremit und Friedensstifter Bruder Klaus geworden. Somit gäbe es auch kein Museum Bruder Klaus. Mehrmals habe Niklaus gesagt, dass unter den drei grossen Gnaden, die Gott ihm gewährte, die erste sei, dass seine Frau und Kinder seinem Einsiedlerleben zustimmten.

Sprichwörtlich steht hinter jedem erfolgreichen Mann eine starke Frau. Stark war Dorothee, denn schliesslich musste Hof und Haus auch ohne Niklaus weitergeführt werden. Jedoch begegne ich Dorothee bei meiner Arbeit nicht als Verlassene und Ertragende, sondern als engagierte Bäuerin und Mutter – auf Augenhöhe mit ihrem Mann.

Teil eines Bilderzyklus aus der Mösli-Kapelle, 18. Jh.

Doch wer war Dorothee Wyss?

Über Niklaus von Flüe ist vieles bekannt, über Dorothee weit weniger. Viele materielle Spuren hat Dorothee nicht hinterlassen. Dennoch, nachdem Archive durchstöbert, Bücher gewälzt und Experten befragt wurden, konnte die Frau langsam aus dem Schatten ihres Mannes ans Licht geholt werden und ich entdeckte Dorothee Wyss. Zumindest entdeckte ich meine Dorothee Wyss.

Die älteste bekannte Erwähnung von Dorothee befindet sich im Jahrzeitbuch von Engelberg aus dem Jahr 1491. In 2017 wiederentdeckt, war der Fund zurecht eine Sensation. Für mich sind die wahren Funde jedoch die Geschichten der Begegnung und Auseinandersetzung der Leute mit Dorothee. Dorothees Leben hat die Geschichte der Schweiz geprägt, insbesondere das Leben von Obwaldnerinnen und Obwaldnern.

Ausschnitt aus dem Jahrzeitbuch des Klosters Engelberg, Foto Mike Bacher.

Ein Obwalden der Frauen

Für mich ist Dorothee Wyss der Grundstein der Frauengeschichte von Obwalden. Doch sie ist längst nicht der einzige Baustein. Die Auseinandersetzung mit Obwaldnerinnen geht weiter. Im Museum planen wir noch dieses Jahr in einer weiteren Ausstellung eine Hommage an die vielen bemerkenswerten Frauen, die nach Dorothee den Kanton Obwalden prägten. Ich baue weiter, baust du mit?

Dorothee, Monika Gasser, Foto Alois Ottiger.
Portraits de femmes, Monika Gasser.

Die Dauerausstellung des «Museum Bruder Klaus Sachseln» und die Wechselaustellung «Dorothee Wyss – die Geschichte einer aussergewöhnlichen Frau» sind seit dem 28. März wieder offen. Am 26.Juni eröffnet zusätzlich die Wechselausstellung «Gweerigi Fraiwä»: eine Hommage an bemerkenswerte Frauen aus Obwalden, die sich für sich selbst und andere einsetzten.

Neugierig geworden? Wer mehr wissen will, liest das Leseheft «Dorothee Wyss. Leben und Bedeutung einer aussergewöhnlichen Frau».


Links und Tipps:  


Gast-Bloggerin: Nicole Edwards (28 J.) aus Dallenwil, Praktikantin Museum Bruder Klaus Sachseln

Weitere Erlebnisse im Kanton Obwalden

Menschen aus der Region Luzern-Vierwaldstättersee. Sie berichten über ihre persönlichen Erlebnisse, plaudern aus dem Nähkästchen und verraten unbekannte Schätze aus der Region. Ob Malerin, Grafiker oder Bauarbeiter. Sie alle verbindet die Begeisterung für ihre Region.

5 Gedanken zu „Grundsteine Obwaldens – gelegt von Frauen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert