Zu Besuch in der Einsiedler Spezialitäten-Bäckerei Goldapfel 

Kategorien Kulinarik, Kultur, Menschen, Schwyz

Seit über 1000 Jahren pilgern Menschen zum Kloster Einsiedeln. Seit rund 300 Jahren kehren viele von ihnen mit einem süssen Andenken zurück: dem Einsiedler Schafbock. Dieses Kultgebäck ist ein Stück lebendige Geschichte. Um sein Geheimnis zu ergründen, habe ich die älteste Schafbock- und Lebkuchenbäckerei der Schweiz besucht: den Goldapfel in Einsiedeln. 

Schafböcke: Am liebsten möchte man grad reinbeissen. 

Ein Familienbetrieb seit 1724 

Dieser Duft! Himmlisch. Kaum öffne ich die Tür, liebkost er mich wie eine alte Bekannte. Süss, würzig und vertraut ruft er glückliche Erinnerungen an Familie und Kindheit hervor. Seit 1724 produziert die Familie Oechslin Schafböcke und Lebkuchen, seit 175 Jahren unter dem Namen Goldapfel. 

Peter Oechslin führt zusammen mit seinem Bruder Philipp die Goldapfel AG. 

Heute steht Peter Oechslin in der Backstube und führt in der 10. Generation die Familientradition fort. Hier fühlt er sich wohl, wenn er mit Teig und seinen Händen etwas erschaffen kann. Schon als Kind hat er im Familienbetrieb sein Sackgeld verdient, und zwar mit dem Abwaschen von Kisten und Falten von Versandschachteln.  

Früher hiess das Gebäck einfach «Schäfli», und die herstellenden Personen nannte man «Schäfli-Leute». 

Schweizweit bekannt 

Der Schafbock ist das bekannteste Gebäck des Goldapfels und sein Motiv zeigt ein im Gras liegendes Schaf. Rund 18 Tonnen Schafböcke werden pro Jahr aus Honigteig hergestellt. Mehr will Peter Oechslin zur Rezeptur nicht verraten, sie bleibt ein Familiengeheimnis.  

Die Einsiedler Lebkuchen werden von Hand gemacht. 

Handarbeit mit Tradition 

Bei meinem Besuch in der Backstube werden auch weitere Einsiedler Spezialitäten hergestellt: die Lebkuchen. Ich schaue zu, wie flinke Hände Teig schneiden, befüllen, ausstechen, formen und aufs Backblech legen. Die Motive sind traditionell und meistens mit dem Kloster verbunden. «Früher war ein Schafbock oder ein Lebkuchen ein Beweis, dass man in Einsiedeln war», erzählt Peter Oechslin. Diese Tradition lebt weiter: Eltern geben sie an ihre Kinder weiter, und so bleibt der Schafbock das klassische Mitbringsel aus dem Klosterdorf. 

Alle Lebkuchen haben denselben Grundteig aus Weizenmehl.  

Der feine Unterschied 

Ich lerne: Der braune und der weisse Lebkuchen haben denselben Grundteig. Effizienz war also schon früher gefragt. Beim weissen Lebkuchen wird der Teig mit schaumig geschlagenen Eiern ergänzt, daher rührt der Farbunterschied. Im Gegensatz zum ungefüllten Schafbock haben die Lebkuchen eine Füllung aus Mandeln und Haselnuss.  

Der Nostalgieladen: Einkaufen wie zu Grossmutters Zeiten. 

Blick in die Vergangenheit 

Wenn du richtig in die Geschichte des Schafbocks eintauchen möchtest, empfehle ich dir einen Besuch des Nostalgieladens an der Kronenstrasse. Hier gibt es nicht nur köstliche Einsiedler Spezialitäten, sondern auch ein kleines Museum. Es erzählt die Geschichte der Schafböcke und Lebkuchen und zeigt alte Holzmodels, mit denen die Motive ins Gebäck geprägt wurden. Wusstest du zum Beispiel, dass früher Herstellung und Verkauf von Schafböcken und Lebkuchen ein Privileg war, welches das Kloster vergab? 

Das Schokolade-Pendant zum Schafbock ist der Einsiedler Rabe. Bei meinem Besuch entstanden gerade Weihnachtsleckereien. 

Schoggi-Alarm! 

Zum Schluss darf ich noch einen kurzen Blick auf die Herstellung der Schokolade-Spezialitäten werfen. Zwei Frauen tunken kandierte Orangenschnitze in flüssige Schokolade und füllen Schokoladefiguren mit Gianduja. Der Schoggi-Duft wirkt wie ein Lockstoff. Die beiden bestätigen mir, dass die Betörung des Dufts auch nach Jahren nicht nachlässt.  

Der Chef hilft beim Verpacken der Lebkuchen mit. 

Ob Schafbock, Lebkuchen oder Schokolade – im Goldapfel schmeckst du die Liebe zur Region und zum Handwerk. Wenn du also das nächste Mal in Einsiedeln bist, schau im Laden direkt am Klosterplatz vorbei. Und wer weiss, vielleicht lüftest du selbst ein kleines Geheimnis rund um den Schafbock. 


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Manuela schreibt seit dem Jahr 2000 über den Kanton Schwyz. Zuerst als Journalistin, später für Schwyz Tourismus. Allein oder mit ihrer Familie sucht sie nach Neuem, Unentdecktem und Verstecktem zwischen dem Zürichsee, dem Vierwaldstättersee, der Spitze der Rigi und dem hintersten Winkel des Muotatals. Sie begegnet Menschen, die im lokalen Brauchtum verwurzelt sind, innovative Ideen leben oder die Schätze der Natur hegen. So viel Begeisterung für die Schwyzer Vielfalt und landschaftliche Schönheit kann man nicht für sich behalten, man muss sie teilen.

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