Ihr wollt erfahren, was wahrer Luxus ist? Dann geht ins Kloster Einsiedeln. Was Schnecken aus dem Mittelmeer und leere Buchseiten damit zu haben, könnt ihr in diesem Blog lesen. Auf unserem Firmenausflug haben wir das Einsiedler Skriptorium besucht. Eine Nacherzählung.
Hoffnung auf heilende Wirkung
Unser Besuch des Skriptoriums beginnt mit einem Stopp beim Marienbrunnen auf dem Klosterplatz. Hier sieht man bei jedem Wetter Menschen aus dem Brunnen trinken – an heissen Sommertagen wie bei eisiger Kälte. Der Grund dafür liegt in der Hoffnung: Wer aus allen 14 Röhren trinkt, soll gesund bleiben und alt werden.
Man vermutet, dass der Brunnen dort steht, wo bei der Klostergründung im Jahr 934 bereits ein Brunnen stand. Und nein, ich habe keine Ziffer vergessen. Das Kloster Einsiedeln ist über 1000 Jahre alt.
Teures Pergament
Im Skriptorium beginnt unser Guide Helen grundlegend: Wie wurde Tinte und Farbe hergestellt? Auf welches Material wurde geschrieben? Was man gerne vergisst – oder verdrängt: Pergament ist Tierhaut. Für ein Buch mit 200 Seiten benötigte man im Mittelalter 400 Tiere. Wenn eine reiche Person richtig angeben wollte, leistete sie sich die Herstellung eines Buchs mit leeren Flächen oder sogar leeren Seiten.
Noch teurere Farbe
Farben für die oft ganzseitigen gemalten Initialbuchstaben mussten in langer Arbeit aus natürlichen Materialien hergestellt werden. So war die Wahl der Farbe Purpur für Kardinalsbekleidung damals kein Zufall. Purpur war im Mittelalter die teuerste Farbe der Welt. Sie wurde aus getrockneten Drüsen von Purpurschnecken aus dem östlichen Mittelmeer hergestellt. Aus rund 12‘000 Schnecken konnte man 1,5 Gramm Purpurfarbstoff gewinnen.
Schönschreiben
Im Workshop-Teil versuchen wir uns selbst im schönen Schreiben. Gar nicht so einfach, statt mit der Tastatur oder dem Kugelschreiber mit Schreibfeder und Tinte ein sauberes Wort aufs Blatt zu bringen. Eine Anleitung hilft uns dabei, den richtigen Anfangspunkt und Schwung bei den Buchstaben der Unzialschrift zu finden. Diese Schrift entstand im 2. Jahrhundert vermutlich in Rom.
Nicht klecksen
Leicht drücken, fester drücken, ins Tintenfass tauchen und nicht klecksen. Unsere Ergebnisse sind sehr unterschiedlich. Kollegen, die Telefonnotizen in Ärzteschrift hinterlassen, suchen den freien Schwung. Kolleginnen, die zuhause zum Entspannen Formen malen, sind im ersten Moment im Vorteil.
Wenig einfallsreich schreiben alle als Erstes ihren Namen. Wir staunen, wie viel Zeit ein Buchstabe beansprucht. Schreiben ist nur langsam möglich. Wir konzentrieren uns auf die Schwünge und blenden alles andere aus. So gleiten wir ins Meditative. Im Mittelalter sass ein Mönch ein Jahr lang an einem 200-seitigen Buch.
Besuch in der Stiftsbibliothek
In der Bibliothek bewahrt das Kloster Einsiedeln rund 2000 Handschriften auf. Viele davon von den eigenen Mönchen geschrieben. Für uns fast nicht mehr vorstellbar, dass man ein Buch nicht drucken konnte, sondern abschreiben musste. Zum Beispiel auch die Benediktsregel, jene 1’500-jährige Mönchsregel des heiligen Benedikt, welche das Leben in einem Kloster regelt und der die Mönche in Einsiedeln heute noch folgen.
Nachdem wir selbst ein paar Worte mit Feder und Tinte geschrieben haben, stehen wir zum Schluss ehrfürchtig in der Bibliothek des Klosters. Im Barock-Saal mit den vielen Büchern aus dem 16. bis frühen 20. Jahrhundert scheint das Wissen sogar in der Luft zu schweben.
Weitere Infos und Tipps
- Das Einsiedler Skriptorium ist ausschliesslich im Rahmen einer Führung besuchbar. Führungen können beim Kloster Einsiedeln und beim Tourist Office Einsiedeln gebucht werden.
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- Montag bis Samstag findet um 14 Uhr eine öffentliche Klosterführung statt, bei der auch die Stiftsbibliothek besucht wird.
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