Der Vollmond ist ja per Definition schon ein Wahnsinns-Spektakel. Dass mensch ihn aber bei bestem Wetter und über einem spektakulären Bergpanorama aufgehen sieht, ist dann schon next Level. Für ein gutes Vollmond-Foto hats beim letzten Zyklus leider nicht gereicht, zum Glück konnten wir ihn wenigstens beim «Vollmond-Skizzieren» in der UNESCO Biosphäre Entlebuch künstlerisch festhalten.

Zeichnen ist ja so eine Sache. Entweder mensch macht es gerne oder nicht. Und dann gibt es noch mich, die es eigentlich noch gerne machen würde, es sich aber nicht zutraut (weil es könnte ja falsch sein oder nicht schön genug – ja I know. Ist dumm). Für den Kurs «Vollmond-Skizzieren» musste ich aber all diese Ängste über Bord werfen, denn ums Skizzieren herum kam ich dieses Mal garantiert nicht. Da schaute Ueli Bieri, Naturführer und -maler, Illustrator, Autor und Kursleiter des Vollmond-Skizzierens, schon.

Wir treffen uns um 18.00 Uhr am Bahnhof Schüpfheim. Mit Fleece und Regenjacke «ausgerüstet» schaut uns Ueli von Weitem schon mit hochgezogener Augenbraue an. «Ihr habt aber schon noch mehr dabei, oder? Oben ist es in der Nacht nur etwa 5°C warm.” Natürlich hatten Freund und ich nicht mehr dabei. Natürlich haben wir uns auf 1’437m die weissen Füdlibacken abgefroren. Doch dazu später mehr.

Unser heutiges Bergpanorama steht schonmal gut Modell: Schafmatt und Schwändelifluh.

Von der Freundschaftsanfrage zum Buch

Ueli manövriert seinen schwarzen Citroen geschickt durch den dichten Wald zum Südparkplatz des Bergrestaurants First und erzählt uns dabei von seinen Skizzier-Anfängen. Eine ominöse Freundschaftsanfrage auf Facebook entpuppte sich als ernsthaften Verlags-Vertreter, welcher ihm das Verfassen des Buches «Nature Sketching» schmackhaft machte. Wie in Uelis Buch bereits wunderschön beschrieben wird, werden auch wir uns heute in die saftige Wiese setzen, unter freiem Himmel die verschiedenen Strukturen und Farben der Natur auf uns wirken lassen und mit Pinsel und Stift die Landschaft der UNESCO Biosphäre Entlebuch entdecken.

Hier werden wir heute unsere Meisterwerke kreieren.

Über einen kurzweiligen Treppenaufstieg erreichen wir das Bergrestaurant First. Unterwegs zupft Ueli ein paar Vogelbeeren vom Baum und gibt sie uns zu probieren. Wir lassen das Bergrestaurant rechts liegen und laufen mit dem markanten Schimbrig im Rücken zu Uelis ausgewählten Skizzier-Stelle. Hinter den satten Wipfelkronen der Tannen erstreckt sich der Grat von der Schafmatt zur Schwändelifluh und die orangen Kanten lassen schon langsam den Sonnenuntergang erahnen.

Sonnenuntergangs-Zauber

Ueli packt die heutigen Malutensilien aus, verteilt Unterlagen, Stifte und Pinsel. Freund und mich fröstelt es bereits leicht ab der kühlen Bise, welche über die Kuppe und durch unsere nicht wirklich warmen Kleider zieht. Doch wir lassen uns die Berg-Amateurhaftigkeit (noch) nicht vor den anderen, definitiv besser ausgerüsteten Kursteilnehmenden, anmerken. Unsere erste Aufgabe besteht darin fünf verschiedene Tannen zu zeichnen. Frei aus dem Handgelenk, ohne Druck und mit Blick auf das Dorf Heiligkreuz zu unseren Füssen schwinge ich schnell zwei Tannen aus dem Ärmel. Doch dann mentale Blockade… Bevor ich mich zu weiteren drei Tannenarten zwingen kann, muss ich meinen Perfektionismus mit dem kalten Wind den Berg runterjagen. Geht doch. Und ich bin sogar ziemlich stolz auf das Resultat. Mit einer kurzen «Ausstellung» aller Tannenbilder zeigt uns Ueli, dass alle Kursteilnehmenden durchaus zeichnen können. Der Anfang ist gelungen, mensch bringe mir den Vollmond!

Bis der Vollmond hinter dem Schimbrig aufgeht, müssen aber doch noch satte zwei Stunden vergehen. Also weiter Tannenzeichnen, um die Fingerkuppen schön warmzuhalten. Ueli zeigt uns, wie wir mit Wasser unsere Tannen-Träumchen (Achtung Alliteration) zum Leben erwecken und ganz einfach Struktur erzeugen. Unsere Skizzen sehen ohne grossen Aufwand gleich viel besser aus. Wowsi.

Nachdem wir eine Tanne in der Ferne so minutiös wie möglich abgezeichnet hatten, probieren wir uns an einem mit tannenübersätem Hügel. Freund hat sich unsere Sitzunterlage (eine Wolldecke) bereits um die Hüfte geschnürt und ich sitze in Uelis Ersatzjacke gekuschelt im knöchelhohen Gras. Kalt ist uns immer noch. Zwischen den Übungen zeigt uns Ueli immer wieder Tipps und Tricks, damit die Skizzen noch müheloser gelingen. Auch bleibt uns immer wieder Zeit der heruntergehenden Sonne und deren rosaroten Lichtgesprenkel auf den grauen Berggipfeln zuzusehen. Ueli versichert uns, dass noch kein Vollmond-Skizzierkurs vor uns derart gute Wetterbedingungen genoss. Da ist die Kälte schon fast vergessen.

Bühne frei für den Vollmond

Nachdem sich die Sonne wohlverdient aufs Ohr gelegt hat, schleifen wir unsere kalten Ohren an die nächste Skizzier-Stelle. Mit praktisch keinem Licht presse ich die nun ausgehändigte Graphit-Kreide über mein A3-Blatt. Die offizielle Aufgabe: Die Felsabschnitte der Schafmatt im blauen Licht des anstehenden Mondaufganges abzuzeichnen. Die inoffizielle Aufgabe: Nicht zu erfrieren. Da wir nur eine Decke haben, leben Freund und ich ziemlich einen Jack und Rose Titanic-Moment nach (habt ihr das Bild mit Jack und Rose auf der Türe im eisigen Wasser vor euch? Etwa so).

Und was ist jetzt mit dem Vollmond?

Ja der liess sich dann so nach 21.00 Uhr mal blicken. Und wie? Mensch konnte ihm praktisch von blossem Auge zusehen, wie er sich leuchtend hinter dem Schimbrig hervorschob. Ein gigantischer Sonnenuntergang und ein prächtiger Vollmond-Aufgang bei perfekten Wetterbedingungen – please pinch me. Für ein gutes Vollmond-Foto hats dann doch nicht mehr gereicht. Im Selbstbedienungsbereich des Bergrestaurants wärmen wir uns bei einer Tasse Tee auf, während wir alle unseren ausgelegten Skizzen auf dem Tisch betrachten. Ueli hatte halt schon recht: Irgendwie können wir alle skizzieren.


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Egal ob Kulinarik, Musik, Kunst oder Wohlbefinden: Von April bis Oktober finden jeweils rund 30 Kurse in der UNESCO Biosphäre Entlebuch statt. Das Kursprogramm 2023 wird gegen Ende Jahr online sein oder als Broschüre im Freizeitguide «Glücksmomente« enthalten sein. Reinschnöiggen lohnt sich!

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Egal ob im Tanzstudio oder an der Bushaltestelle, Laila ist immer tanzend anzutreffen. Mit einem Lachen im Gesicht und einer Fotokamera in der Hand sucht die gebürtige Luzernerin überall nach Geschichten und Menschen die sie inspirieren. Oder einfach nach weiteren Orten um tanzen zu können. Mehr von Laila auf www.laila-schreibt.com

1 Gedanke zu „Pinsel-Schwingen im Mondschein

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