«Ürner Chatzämüüsig» – ein Erklärungsversuch

Kategorien Kultur, Menschen, Tradition, Uri

Kennst du das? Jemand versucht dir etwas zu erklären und weil du es nicht recht verstehst, sagt die Person «mä müäss drbii gsi si»? So geht es mir immer, wenn ich von Auswärtigen auf die Urner Fasnacht angesprochen werde. Denn bei uns gibt es neben den üblichen Konstanten wie bunte Kostüme, satirische Schnitzelbänke und rhythmische Guggenmusiken noch einen anderen Brauch: Chatzämüüsig. Sie ist schwer in Worte zu fassen, denn man muss es einfach selber erleben und geniessen. Ich versuche es trotzdem.

© Lukas Vigniti
© Lukas Vigniti

Ursprünglich war die Katzenmusik ein urchiger Weckruf, bei dem man mit allem was Lärm und Krach machte, am frühen Morgen des Schmutzigen Donnerstags, die Bevölkerung zum Auftakt der Fasnacht weckte. Im Jahr 1871 erhielt dieser traditionelle Brauch von zwei in Altdorf internierten Soldaten der Bourbaki-Armee eine Melodie: Die eingängige Tonfolge des französischen Clairon-Sonnerie: «Aux champs en marchant au relevé de la garde». Diese wurde von den Fasnächtlern übernommen und hat die Urner Fasnacht musikalisch nachhaltig verändert. Büchsen, Fässer, Trychlä und Hörner wurden durch Blasinstrumente, Trommeln und Pauken ersetzt. So war der «Chatzämüüsig-Marsch» geboren. Heute hat der Marsch in jeder Urner Gemeinde seinen eigenen Charakter. Eine andere Melodie hat sich aber nie durchgesetzt und so wird der «Chatzämüüsig-Marsch» während einer Woche endlos repetiert.

© Lukas Vigniti

Die Urner Fasnacht dauert vom 19. bis 25. Februar 2020

Zwischen 3 und 700 Personen

Am Mittwochabend vor Schmutzig Donnerstag zieht mit bis zu 700 Personen am «Ytrummälä» in Altdorf die jeweils grösste Katzenmusik durch die Strassen. Ein Spektakel, das ein Vielfaches an Zuschauenden in den Hauptort lockt und auf dem Rathausplatz zu Füssen des Telldenkmals einen erst Halt einlegt, bevor es bis Mitternacht von Zwischenhalt zu Zwischenhalt weitergeht. Aber auch kleine Gruppen können sich zu einer Katzenmusik zusammenschliessen. Einzige Vorgabe (wenn überhaupt) ist die Reihenfolge in der die Instrumente aufgereiht sind: Bläser, Trommeln, Pauken. So entstehen besonders am Freitag und Samstag temporär, ohne fixen Start- oder Schlusspunkt, über kurze oder lange Dauer, verschiedene Katzenmusiken bei denen Bekannte und Unbekannte gemeinsam musizieren. Für mich ist genau dieser Mix aus Beständigem und Wandelbarem das Schöne an der Urner Chatzämüüsig. Sie hat im Kern eine alte, unverkennbare Melodie und darf trotzdem verändert werden – und auch mal unschön und schräg klingen.

Mit dem «Üsstrummälä» geht die Fasnacht zu Ende. Traditionsgemäss spielen die Frauen mit langem Rock und Hut, Männer in Frack und Zylinder sowie sind alle ungeschminkt.

«…Chumm doch und mach äü mit»

«Sollte die Katzenmusik für dich immer noch nicht greifbar sein, verweise ich auf den zum Marsch gehörenden Text: «Wer nu nit wäiss, was Chatzämüüsig isch, sell äinisch gheerig loosä. Wenn dü de eppä fasnachtswiätig bisch, chumm doch und mach äü mit»

Gast-Bloggerin: Evelin Walker. Aufgewachsen und wohnhaft in Altdorf ist sie seit klein auf mit dem Fasnachtsfieber infiziert. Mit ihrem ersten selbstverdienten Geld kaufte sie sich als Jugendliche eine Trommel und hat noch heute Gänsehaut, wenn sie den Katzenmusikmarsch hört.


Infos und Tipps


Song Worthwile Waiting von Moes Anthill, welcher die Katzenmusik in seinen Song integriert hat. Hier

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Menschen aus der Region Luzern-Vierwaldstättersee. Sie berichten über ihre persönlichen Erlebnisse, plaudern aus dem Nähkästchen und verraten unbekannte Schätze aus der Region. Ob Malerin, Grafiker oder Bauarbeiter. Sie alle verbindet die Begeisterung für ihre Region.

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