Musikalisches Gewitter am Mittag

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Den Ausdruck «Achtsamkeit» höre und lese ich momentan viel. Dieser Ausdruck wird oft mit Yoga verknüpft. Aber für Yoga bin ich nicht zu begeistern. Ich ziehe viel lieber meine Längen im Hallenbad und «lüfte» so meinen Kopf durch. Heute habe ich einen weiteren Ort entdeckt, bei dem ich neue Kraft und Ideen für den Alltag sammeln kann und toll zum Thema Achtsamkeit passt: der Orgelsommer in der Hofkirche.

Auszeit über Mittag mit einem Gewitterkonzert

Heute habe ich meine Mittagspause für einen Abstecher in die Hofkirche Luzern genutzt. Jeweils von Mitte Juli bis Mitte September finden dort dienstags die Konzerte des «Orgelsommers» statt. Um 12:15 Uhr gibt es ein Gewitterkonzert mit dem Hoforganisten Wolfgang Sieber und um 20 Uhr ein Abendkonzert mit wechselndem Programm und Musikern. Das Programm verspricht eine halbe Stunde Gewitterkonzert und anschliessend eine Führung zum Fernwerk und zur Regenmaschine auf dem Dachboden (was das auch immer sein mag). Ich lasse mich gerne überraschen.

Hofkirche St. Leodegar

Sobald ich die Kirche betrete, kommt mir meine Ministranten-Zeit in den Sinn. Obwohl sich die Kirche meines Geburtsorts nicht mit der Hofkirche messen kann. Die reichverzierten Nebenaltäre, Decken und Pfeiler sind beeindruckend.

Ich suche mir einen Platz und geniesse die ruhige Atmosphäre. Ich war schon länger nicht mehr in einer Kirche. Genaugenommen ist es schon wieder mehr als ein halbes Jahr her. Da war ich auch in der Hofkirche und habe die Lichtshow «Genesis» im Rahmen des Lilu Lichtfestivals Luzern gesehen. Bereits damals habe ich Wolfgang Sieber spielen hören. Und ich bin gespannt, welche Klänge er heute seiner Orgel entlockt.

Orgelsommer Luzern

Auch diesmal werde ich nicht enttäuscht. Der virtuose Organist Wolfgang Sieber zieht alle in seinen Bann. Er spielt während des Orgelsommers jeden Dienstagmittag ein neues Repertoire. Er liebt die Herausforderung, weltliche Lieder zu interpretieren und die 7374 Orgelpfeifen zum Erklingen zu bringen. Heute spielt er Lieder der Beatles.

Das Konzert startete mit leisen Tönen und wird immer lauter. Von «Yellow Submarine» über «Hey Jude», «All you need is Love» und weitere bekannte Ohrwürmer gibt es zum Abschluss, nach dem Orgelgewitter, «Here comes the Sun» zu hören. Ein kurzer Moment der Stille. Was, schon eine halbe Stunde durch? Es folgt ein tosender Applaus für den Maestro, der uns nun zu einem Abstecher unter das Kirchendach einlädt.

Fitness und Musikgeschichte

Das lass ich mir natürlich nicht entgehen. Und ich komme etwas ins Schwitzen. Gefühlte 300 Treppenstufen später komme ich beim Ziel unter dem Dach an. Zuerst schaue ich auf Anweisung Wolfgang Siebers durch die grosse Deckenrosette ins Kirchenschiff. Ja genau, da unten bin ich bis vor fünf Minuten noch gesessen. Ich befinde mich nun ungefähr 30 Meter weiter oben. Und durch dieses runde Fenster kommt der Klang des Fernwerks, eine der vier Klangquellen der Grossen Hoforgel, hinunter zu den Zuhörern. Weiter lerne ich, dass die Regenmaschine aus dem Jahr 1862 eine Holztrommel ist, die mit Orgelwind angetrieben wir. Beim Drehen im Kreise werden die darin eingebrachten Metallkugeln über Schikanen an die Blechwand/das Blechband der Trommel geschlagen.

Wolfang Sieber gibt eine weitere Kostprobe seines Könnens und zieht einige Register am kleinen Spieltisch im Fernwerk. Nun wird mir auch bewusst, woher das Sprichwort «Alle Register ziehen» kommt. Ein Orgelregister ist eine über den gesamten Tonumfang reichende Reihe von Pfeifen gleicher Klangfarbe, die als Einheit ein- oder ausgeschaltet werden kann.

und so sieht diese berühmte Regenmaschine also aus

Ich komme wieder

Ich bin begeistert. Das war eine Mittagspause, die ich bald wiederholen werde. Für 10 Franken habe ich heute eine halbe Stunde Orgelkonzert und ein kurzes Fitnesstraining erhalten. Leider geht der Orgelsommer 2019 nur noch bis am 17. September. Mal schauen. Vielleicht leiste ich mir ja für den Orgelsommer 2020 den Orgelpass. Für 150 Franken gibt es einen reservierten Sitzplatz für alle Konzerte vom 14. Juli bis am 19. September 2020.

Organist Wolfgang Sieber

Wolfgang Sieber ist seit seinem 13. Lebensjahr Organist. 2017 feierte er sein 25-Jahr-Jubiläum in der Hofkirche Luzern und erhielt den päpstlichen Orden «Bene Merenti» für sein 50-jähriges Jubiläum als Kirchenmusiker. Sein Stil ist vielfältig: in klassischen, ethnischen und traditionell-volkstümlichen Bereichen des Jazz und der Kleinkunst. Als Interpret, Arrangeur, Komponist und Improvisator ist er als Solist oder als Partner in unterschiedlichsten Gruppierungen tätig. Neben der historisch restaurierten Walpen-Orgel steht ihm die 350-jährige Grosse Hoforgel, das stilistisch vielfältigste Instrument der Schweiz mit 7374 Pfeifen die sich auf 111 Register verteilen, zur Verfügung.

Orgelsommer
16. Juli bis 17. September 2019 | Dienstag, 12.15 Uhr und 20.00 Uhr | Hofkirche Luzern


Infos und Tipps


Gast-Bloggerin: Eveline lebt und arbeitet in Luzern. Sie ist Tourismus-Profi und Mutter von zwei kleinen Kindern. In ihrer Freizeit erkundet sie mit der Familie die Spielplätze der Region, streift durch Luzerns Wälder, geniesst die frische Luft bei einer Schifffahrt oder macht einen Bergausflug. Und wenn es die Zeit zulässt und der Babysitter organisiert ist, dann profitiert sie gerne vom vielfältigen, kulturellen Angebot der Stadt Luzern.

Menschen aus der Region Luzern-Vierwaldstättersee. Sie berichten über ihre persönlichen Erlebnisse, plaudern aus dem Nähkästchen und verraten unbekannte Schätze aus der Region. Ob Malerin, Grafiker oder Bauarbeiter. Sie alle verbindet die Begeisterung für ihre Region.

1 Gedanke zu „Musikalisches Gewitter am Mittag

  1. Liebe Yoshinari, Danke für deine Nachricht. Die Hofkirche ist täglich von 07.00-19.00 Uhr geöffnet und kann frei besichtigt werden. Zudem gibt es öffentliche Führungen, wie diese zum Stifts-Schatz. Mehr Erfahren Sie auf unserer Webseite.
    Liebe Grüsse, Anina

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