Karin Wagemann führt die Soorser Bier AG und absolviert die Ausbildung zur Master of Beer – dem «Doktortitel in Bierkunde». Im Gespräch verrät sie, was sie vom Craft-Beer-Hype hält, nach welcher Überzeugung in Sursee Bier gebraut wird und wie sie die Liebe dahin geführt hat, wo sie heute ist.
Es ist eine gute Zeit für Bierliebhaber, wie ich einer bin: Bier hat sein verstaubtes Stammtisch-Image abgelegt und ist zum Trendgetränk geworden. Über eintausend Brauhäuser sind in der Schweiz mittlerweile registriert – mehr als drei Mal so viele wie noch vor zehn Jahren. Viele dieser Brauereien sind das Resultat kontinuierlich gewachsener Hobby-Brau-Ambitionen; nicht jedoch die Soorser Bier AG.
Obwohl auch sie eine Brauerei der neuen Generation ist, wurde sie professionell aufgezogen. Alles fing in Luzern an, erzählt mir Karin. Sie ist die Geschäftsführerin der Soorser Bier AG. In Luzern verliebte sie sich beim Biertrinken in Alex, ihren heutigen Ehemann und Geschäftspartner.
Alles ausser Bier
Die beiden liessen sich in Karins Heimat Sursee nieder und Alex, der ursprünglich aus Bayern kommt (und daher etwas von Bier verstehen muss), machte bald darauf eine wegweisende Feststellung: «Sursee habe alles, was es für ein gutes Leben brauche. Es fehle einzig ein gutes Bier», erzählt mir Karin, während wir einander am grossen Gemeinschaftstisch in ihrer Surseer Brauerei gegenüber sitzen. Im Rahmen einer anstehenden Abschlussarbeit kreierte Alex schliesslich einen Geschäftsplan für ein fiktives, lokales Brauhaus – die Soorser Bier AG. Von da an liess sie die Idee nicht mehr los und sie wagten es: «Ein Jahr später gründeten wir das Unternehmen zu dritt». Das war 2015 und Karin bildete sich sofort zur Biersommelière aus – erst in der Schweiz, dann noch in München. 2016 – nur ein Jahr später – gewannen ihre Biere die ersten Awards.
Vom Klinkenputzen zu 100’000 Litern
Wir unterbrechen unser Gespräch immer wieder, da laufend Kundschaft in den geschmackvoll dekorierten Eingangsbereich der Loft-mässigen Brauerei eintreten. Karin berät, verkauft Bier und setzt sich wieder an den Tisch. «Die halbe Million Franken Stammkapital für unsere AG zusammen zu kriegen, war harte Arbeit», erzählt sie weiter. Ein halbes Jahr lang klapperten sie unermüdlich alle Vereine ab, präsentierten vor Interessenten, waren an Warenmärkten präsent. «Nach einem halben Jahr hatten wir das Minimum zusammen und wussten, wir werden es umsetzen können», erinnert sich Karin. Heute, vier Jahre später, brauen und verkaufen sie erfolgreich 100’000 Liter im Jahr.
Auf dem Boden geblieben
Die massgebende Feststellung von ihrem Mann Alex, dass einzig ein gutes Bier in Sursee fehle, scheint auch heute noch die führende Maxime der Soorser Bier AG zu sein. Denn auf meine Frage, nach welchem Leitgedanken in Sursee gebraut wird, antwortet mir Karin wie aus der Pistole geschossen: «Wir wollen einfach ein gutes Bier machen, punkt.» Das Craft-Brauen ist in den letzten Jahren zu einer eigenen Szene gewachsen, doch von überspitzten Haltungen und vom Missionieren hält Karin nichts. Dass sie auf dem Boden geblieben ist, den Eindruck hatte ich von Anfang an.
Gemütlich schleicht Karins und Alex’ Hund Porter unter dem Tisch umher und Karin holt zwei frische Gläser. Sie zeigt mir, wie man Bier wie ein Profi degustiert. Dann verabschiedet sie sich und setzt sich im Büro an den Computer: Es ist Freitagnachmittag, Buchhaltung nachführen ist angesagt.
Zentralschweizer Biermarkt Sursee
14. September 2019 | 16:00 Uhr – 22:00 Uhr | Martigny-Platz Sursee | mehr Infos
Bier verkosten wie ein Profi
Schritt 1: Das Auge
Hat das Bier eine sattgelbe oder eher eine hellgelbe Farbe? Ist es klar oder ist es trüb, vielleicht gar mit feinen Partikeln drin? Wie ist der Schaum beschaffen – hat er kleine oder grosse Poren? Haftet er, ist er lang anhaltend oder löst er sich schnell wieder auf?
Schritt 2: Die Nase
Der Schaum transportiert Düfte und Aromen hervorragend. Darum schwenkt der Profi sein Bier, um es noch etwas aufzuschäumen. So unterschiedlich wie die Menschen sind, so unterschiedlich können die Aromen sein: von fruchtig über würzig bis hin zur typischen Banane im Weissbier. Sind die Aromen ausgewogen, angenehm oder eher unangenehm?
Schritt 3: Der Mund
Anders als beim Wein wird bei der Bierdegu das Bier heruntergeschluckt. Denn die Rezeptoren für Bitterkeit – einem wichtigen Indiz bei Bieren – befinden sich ganz hinten an der Zunge. Damit das Bier diese erreicht, muss es geschluckt werden. Vielleicht ist es mehr oder weniger bitter, salzig oder gar süsslich? Welche Geschmäcker entfalten sich, ist es stark oder schwach kohlensäurehaltig oder genau richtig moussierend?
Schritt 4: Der Nachtrunk
Was bleibt nach dem Schlucken im Gaumen zurück? Hält das Aroma lange an, was ist es für ein Aroma oder flacht es schnell wieder ab?
Infos und Tipps
- Soorser Bier AG
- Zentralschweizer Biermarkt Sursee
- mehr Veranstaltungen in der Region Sempach
In Sursee gibt’s auch noch die Braustation – schade wird diese nicht erwähnt, zumal sie wirklich tolle Biere brauen (das Hoppy End z.B. ein tolles Pale Ale). Nebst Bier bieten diese in ihren Lokalitäten Konzerte, Partys und Brauseminare an.
Noch ein Tipp zur Bierdegustation: Das Glas in Bild 3 ist etwas stark gefüllt, zum Degustieren befüllt man dieses nur mit wenig Bier um genügend Luft im Glas zu belassen. Steht kein Teku Pokal (das Bierglas im Bild) zur Verfügung, erfüllt ein Weinglas den Zweck ebenso.
Hoi Bruno der Biertrinker
Vielen Dank für deinen Input. Die Braustation kenne ich natürlich bestens, bin ich doch selber ein Anhänger der Surseer Lokalbiere. Mit diesem Artikel hat die Braustation aber nichts zu tun – mein Ziel war es, etwas über die Soorser Bier AG zu erzählen. Bei den nächsten Blogposts zum Thema Bier kommen dann auch die anderen Brauereien zum Zug. Neben der Soorser Bier AG und der Braustation gibt es da auch noch das Brauhuus 531.
Das Bild Nr. 3 ist einfach ein Stimmungsbild. Das habe ich für die Fotografien verwendet und anschliessend genüsslich getrunken :-).
Prost & Gruss
Marco (Autor)