Nachhaltig schön: Die Blumen der Kapellbrücke

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Die Blumen entlang der Kapellbrücke sind wohl genauso berühmt wie das Wahrzeichen selbst. Doch sie sind nicht nur schön anzusehen – sie sind auch nachhaltig. Erfahre hier was die Blumen so besonders macht und welche Geschichte dahintersteckt.

Früh am Morgen liegt Luzern noch ruhig und verlassen da. Die ersten Sonnenstrahlen spiegeln sich auf der Reuss und zaubern glitzernde Reflexionen an die Holzbalken der Kapellbrücke. Auf der Brücke herrscht bereits emsiges Treiben: Seit halb sechs Uhr morgens positionieren acht Mitarbeiter von Stadtgrün Luzern Kiste um Kiste an der Brücke. Heute ist es soweit: Die Blumen werden an die Balustrade der Kapellbrücke gehängt. Noch sind sie klein, aber in den nächsten Monaten werden die Blumen die Brücke farbenfroh schmücken.

Welche Blumen an die berühmten Balustraden kommen entscheidet Christoph Schoch. Der Betriebsleiter der Stadtgärtnerei stellt jedes Jahr liebevoll ein neues Arrangement für die 278 Blumenkisten zusammen. Dabei gleicht kein Blumenschmuck dem anderen. «Wir wollen, dass es jedes Jahr anders aussieht. So bleibt es spannend», sagt Schoch. In diesem Jahr schmücken verschiedene rosa und pinkfarbene Blüten die Brücke. 

Dabei kommen nur ausgewählte Blumen in Frage. Schliesslich müssen sie einiges aushalten. Sie müssen pflegeleicht und robust sein, denn Pflanzenschutzmittel wird nicht eingesetzt. Ausserdem müssen sie schnell wachsen, aber gleichzeitig auch lange blühen. «Das Wichtigste ist aber, dass sie schön sind», betont Schoch.

Regional, biologisch und nachhaltig

Der florale Schmuck sieht aber nicht nur schön aus, er wird auch liebevoll und umweltfreundlich angepflanzt. Die Blumen für die Kapellbrücke stammen aus dem hauseigenen Bio-Gewächshaus der Stadtgärtnerei in Luzern. Statt wie üblich als ausgewachsene Pflanze kommen die Blumen bereits als unbewurzelte Stecklinge nach Luzern.

Da die Stadtgärtnerei nicht auf die Anzucht spezialisiert ist, stammen die Stecklinge meist aus Deutschland, gelegentlich auch aus Afrika. Weil sie aber sehr leicht sind, ist trotz dem langen Weg ein vergleichsweise emissionsarmer Transport möglich. In Luzern angekommen, werden die Stecklinge im Gewächshaus aufgezogen.

Die Produktion von Stadtgrün ist seit drei Jahren biologisch und mit dem Label «Bio Suisse Knospe» ausgezeichnet. 2022 erhielt die Stadt Luzern das «Grünstadt Schweiz» Gold Label. Luzern ist somit die erste Stadt der Schweiz, die beide Label trägt.

Hier im Gewächshaus fällt noch etwas auf: Es ist kühl. Im Vergleich zu anderen Gewächshäusern ist es schwach beheizt. So gewöhnen sich die Pflanzen schnell an die hiesigen Temperaturen und wachsen widerstandsfähiger als gekaufte Blumen aus dem Ausland. «Andere Blumen werden stark gepusht und sollen vor allem schnell schön aussehen. Unsere sind zwar im Vergleich eher klein, dafür aber viel robuster. Sie blühen daher mit der Zeit schöner und holen den Rückstand an Grösse sehr schnell auf» Weil die Blumen kleiner sind, brauchen sie auch weniger Wasser und Dünger. Gegossen werden sie zudem mit Regenwasser. 

Insekten und veganer Dünger

Ein weiterer umweltschonender Aspekt ist, dass Stadtgrün komplett auf Pestizide verzichtet. Stattdessen setzt man auf so genannte Nützlinge: Insekten wie Marienkäfer, Raubmilben und Schlupfwespen halten Schädlinge in Schach. «Wir wollen nicht alle Schädlinge eliminieren, sondern verhindern, dass sie Überhand gewinnen.»

Diese Massnahmen sind längst nicht alles. Auch der Dünger ist besonders, denn er ist vegan. Meistens besteht organischer Dünger aus Schlachtabfällen, weil diese vielen Nährstoffe wie Phosphor, Kalium und Stickstoff enthalten. Stadtgrün dagegen verwendet andere Abfälle: Traubentrester. Das sind die Überreste der Weinreben, die nach dem Pressen übrigbleiben. Auch sie sind reich an Nährstoffen und Spurenelementen.

Geheimtrick: Erde

Mindestes so speziell wie die Blumen selbst ist die Erde, in die sie gepflanzt werden. Das Erdsubstrat stellt Stadtgrün selbst her. Und dafür gibt es jedes Jahr ein besonderes Rezept. Dieses Jahr sorgen zehn Zutaten für die perfekte Erde, darunter Kompost, Kohle, Schafwolle und Kokosfasern. Auch bei der Erde zeigt sich, wie sehr Schoch das Thema Nachhaltigkeit am Herzen liegt.  

Die Schafwolle dient als organischer Dünger und kommt aus der Schweiz oder Deutschland. «Wir schauen, dass wir sie als Abfallprodukt von Spinnereien bekommen.» Wichtig ist auch der Verzicht auf Torf. Torf ist ein beliebter Bestandteil von Pflanzenerde, weil er viel Wasser speichert und die Erde auflockert. Jedoch entsteht Torf in Hochmooren, die vor tausenden Jahren ausgetrocknet sind. Er ist also kein nachwachsender Rohstoff. Zudem sind intakte Moore wichtig für das Klima, da sie grosse Mengen an Kohlenstoff speichern.

Stadtgrün verwendet deshalb Kohle, die auch gut Wasser speichert, und Kokosfasern, die die Erde auflockern und so für eine bessere Wurzelbildung sorgen. Mit den Kokosfasern, die allerdings auch einen langen Transportweg haben, ist Christoph Schoch noch nicht zufrieden: «Zwar haben Kokosfasern bereits jetzt einen viermal kleineren CO2-Fussabdruck als Torf, trotzdem suchen wir aktuell nach einer noch besseren Lösung.»

Der Kreislauf der Blumen

All das steckt hinter den Blumen, damit sie die Kapellbrücke lange schmücken können. Wenn sie dann Ende Oktober abgenommen werden, ist ihre Geschichte aber noch nicht zu Ende. Die verblühten Pflanzen werden von Stadtgrün wiederverwertet. Aus ihnen wird wertvoller Kompost, der wieder wichtige Nährstoffe liefert für die nächsten Blumen der Kapellbrücke.


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