Schnupperlehre als Köhlerin – mit 40kg Holzkohle zurückgekehrt

Kategorien Allgemein, Biosphäre Entlebuch, Kultur, Menschen

Wie grillierst du zuhause? Vermutlich nicht über dem Feuer mit dem Holzstecken, sondern wohl eher mit Gas oder mit Holzkohle. Letzteres interessierte mich, denn im Napfgebiet in der UNESCO Biosphäre Entlebuch wird bis heute von sechs Bauern im Nebenerwerb Holzkohle produziert. So kam mir das neue Kursangebot Meine eigene Holzkohle herstellen der Biosphäre Entlebuch wie gelegen.

Die Köhlerin Doris Wicki brennt einen Kohlemeiler in Wil (AG)

Wir kommen aus allen Himmelsrichtungen – ich aus dem Emmental, zwei aus dem Kanton Schwyz und je einer aus dem Kanton Thurgau und aus Berlin. Und auch mit unterschiedlicher Motivation, weshalb wir uns für den Kurs angemeldet haben. Aber die Chemie in unserem Köhlerteam stimmt von Anfang an. Das merke ich bereits beim Treffpunkt im idyllischen Bramboden, Ortsteil von Romoos. Hier holt uns Kursleiterin Doris ab. Sie begrüsst uns schmunzelnd mit „So, de weit dier aso afa Chöuere?“. „Puah, keine Ahnung, mau luege“, denke ich.

Ein Holzhaufen Arbeit

Zackig geht es auf den Kohlplatz, wo uns ein Holzhaufen Arbeit erwartet: Auf verschiedenen Beigen liegen Bretter, Rundhölzer, grosse Halbmeterspälte und Scheiter von 20 und 30cm Länge. Doris zeigt uns die ersten Schritte des Meileraufbaus und los geht’s! In Zweierteams werden wir je einen Kohlemeiler aufbauen und abfackeln (der Ausdruck versetzt mich in meine Kindheit zurück und ein Lächeln überkommt mich. Wohl wird mich Doris später noch darauf hinweisen, dass der Ausdruck nicht ganz korrekt ist. Egal, ich freue mich auf‘s Abfackeln!!). Zusammen mit Eugen, meinem Geschäftspartner, starten wir also in jenes Business, das uns viel Kohle einbringen soll. Cool! Ich bin ziemlich aufgeregt.

Arbeitsort unter dem Dach mit Rauchabzug – unser Arbeitsplatz in der Hofarni

Präzisionsarbeit: Schicht für Schicht zum (fast) perfekten Meiler

Als erstes machen wir aus Rundhölzern das «Füllihuus», den runden Schacht in der Mitte des Meilers. In diesen füllen wir später die Glut zum Anzünden des Meilers. Darum herum nageln wir einen Bodenrost aus Brettern, damit Luft unter den Meiler gelangen kann. Anschliessend folgt die Präzisionsarbeit: Wir stellen Meterspälte an das Füllihuus, Scheit für Scheit, dicht, damit möglichst wenig Luft dazwischenkommt. Glücklicherweise sind wir beide ähnlich perfektionistisch, Eugen und ich, so gibt es keine Unstimmigkeiten. Jede Spalte füllen wir mit passendem Restenholz. So, dass nicht mal mehr ein Zündholz dazwischen passt! Natürlich nicht… aber nicht viel mehr als ein Zündholz, findet Doris jedenfalls.

Eugen und ich – beim Einstieg in unsere Geschäftstätigkeit
Zusammenbinden des Meiler, damit dieser schön kompakt bleibt und die Tannenäste fixiert werden können.

Wir haben Kohldampf Ausstempeln für die Mittagspause auf der Alp

Mittags fahren wir zur nahegelegenen Alp Erixmoos «vo s Brune», wie die Entlebucher sagen. Gott sei Dank müssen wir uns hier nicht sorgen, dass wir zu wenig bekämen: Bei Margrit, der charmanten Älplerin, tanken wir neue Energie in Form köstlicher Älplermaggronen mit eigenem Alpkäse. Mhmm, das tut gut! Und den anschliessenden obligaten „Schwarze“ nehmen wird natürlich auch, schliesslich tun das die richtigen Köhler ebenfalls.

Kampagne Kleine Weltwunder, Netzwerk Schweizer Pärke

Scheiter, Chris und Löschimantel

Zurück auf dem Kohlplatz runden wir den oberen Teil des Meilers mit kleineren Scheitern ab und decken ihn mit Tannästen (Chris) ab. Diese kommen direkt von hier, wie alles Übrige. Ich erinnere mich noch gut an jenen jungen Köhler, der mir auf die Frage, warum hier Holzköhlerei betrieben werde, antwortete: „Lueg emau, wie gottvergässe das hie z Bort ab geit! Da hesch früener nid miteme Traktor chönne zuefahre und Houz wägschleipfe, sondern hesches müesse a Ort u Stöu verarbeite!». Klar. Mit Sägen und Hagscheren schneiden wir in der Hecke nebenan Rottannenäste, schleppen sie in Bündeln zum Meiler und decken diesen damit ab.

Beim Schleppen des frisch geschnittenen Chris
Einkleiden des Meilers mit Chris

Direkt darauf kommt die «Löschi», ein Kohlenstaub-Wasser-Gemisch, das ihn luftdicht verschliesst. Diese muss gewässert und zu einer Pulpe werden, in die Stossbänne geschaufelt und anschliessend an den Meiler gepatched werden („Löschimantel“). Ein Saukrampf!

Die genässte Löschi, die an den Meiler gepached wird, hinterlässt wahre Kunstwerke am Boden

Und immer kommt Doris wieder und sagt, dass es hier und hier noch nicht dicht sei… Aber irgendwann mal steht er da, der dichte, schöne, schwarze Meiler von Eugen und mir! Stolz sind wir, wir zwei!

Löschi, der «Deckmantel» des Meilers. Foto: Simon Meyer
Viele Hände packen an.

Der grosse Moment: Anzünden und «Guet Brand»!

Am Abend unseres ersten Kurstages folgt dann der grosse Moment: Das Anzünden des Meilers. Ins Füllihuus füllen Eugen und ich abwechslungsweise Glut und später Holzkohlestücke ein.

Einfüllen der Glut ins Füllihuus

Ob die tränenden Augen, die man hie und da sieht, wirklich nur vom Rauch kommen, bleibe dahingestellt, denn: Für jeden Köhler ist das ein grosser Moment – der Beginn einer intensiven Zeit, während welcher er sich nur noch um den Meiler kümmert. Begleitet wird unser Einfüllen vom traditionellen, dreifach ausgerufenen «Guet Brand!».

Das eine und andere Ungeheuer hat sich uns schon gezeigt während unserer Schnupperlehre

Nun heisst es schauen und warten (und lernen, nichts zu tun)

Unterdessen dunkelt es langsam. Einige hausen im Zelt oder im Wohnwagen beim Kohlplatz – wie es die Köhler tun – ich, zugegeben, in der luxuriöseren Variante: In der Weitsicht des Hexers Stefan Wiesner im Bramboden. Feierabend gibt es für die vor Ort Bleibenden keinen; sie schauen abwechselnd alle 2 bis 3 Stunden zum Meiler, verschliessen Luftlöcher dort, wo der Verkohlprozess (im Fachjargon „trockene Destillation“) abgeschlossen ist und stechen neue, wo Luft benötigt wird.

Warten und … zeit für ein paar Spässchen auf dem Kohlplatz

Auch am nächsten Tag geht es so weiter: Wir schauen und warten. Gar nicht so einfach, das vermeintliche „Nichtstun“. Wobei: Eben, wir schauen und warten. Das ist auch etwas! Aber es gibt Zeit, die ursprüngliche Umgebung des Napfs zu geniessen. Zum Beispiel vom WC-Hüsli aus – dem ersten Kompotoi in der Biosphäre!

Es dampft.

Oder mittags Gemüse zu schnipseln, aus welchem wir uns jeweils eine Gemüsesuppe auf dem Feuerring köcheln. Mhhmm!

Meine ersten eigenen 40kg Holzkohle – was für ein Moment!

Nach drei Tagen, viel Arbeit und Geduld freuen wir uns, den Meiler „auseinanderzunehmen“: Sorgfältig entfernen wir die Löschi und das, was vom Chris übrigblieb und entdecken die ersten Holzkohlestücke.

Sorgfältiges Abtragen der Löschi.
Wow, was da hervorkommt!!
Foto: Eugen Haag

Wow, echt Hammer! Wie gross und wie schön gezeichnet sie sind! Wir breiten sie aus, lassen sie auskühlen und beginnen mit dem Sortieren und Abpacken in Säcke (welche besuchende Angehörige vorab mit Kohlestiften zu Kunstwerken gemacht haben).

Foto: Eugen Haag
Praktisch am Ende: Vernähen der Holzkohlesäcke mit der Spezialnähmaschine. Foto: Simon Meyer

Die schön «bezeichneten» Papiersäcke verschliessen wir mit der speziellen «Nähmaschine». Es ist vollbracht – Acht Säcke sind verschlossen und warten auf Grillgut. Was meinst du, Eugen, steigen wir ein ins Business?

Kurs Meine eigene Holzkohle herstellen – Tipps & Infos

Der viertägige Kurs «Meine eigene Holzkohle herstellen» wurde seitens UNESCO Biosphäre Entlebuch im Jahr 2024 erstmals angeboten. Damit will sie einen Beitrag zur Förderung des traditionellen Handwerks im Napf beitragen, welches seitens UNESCO als immaterielles Kulturgut ausgezeichnet ist. Der nächste Kurs findet vom 23. bis 26. Juli 2025 statt, ebenfalls in Bramboden. Informationen und Anmeldemöglichkeit finden sich unter www.biosphaere.ch/kurse.


Weitere Informationen & Links:


Gast-Bloggerin:

Nina arbeitet seit über fünfzehn Jahren in der UNESCO Biosphäre Entlebuch. Sie liebt die Natur und die Bewegung und ist oft auch in der Freizeit im Gebiet unterwegs; im Sommer zu Fuss oder auf Rädern, im Winter auf Ski – von schmal bis breit, mit oder ohne Felle. Sie liebt die Echtheit der Region und die Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort, denn so entsteht Spannendes.

Mehr Erlebnisse in der Region

Menschen aus der Region Luzern-Vierwaldstättersee. Sie berichten über ihre persönlichen Erlebnisse, plaudern aus dem Nähkästchen und verraten unbekannte Schätze aus der Region. Ob Malerin, Grafiker oder Bauarbeiter. Sie alle verbindet die Begeisterung für ihre Region.

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