
Das Lied kennen (fast) alle, den Namen des Komponisten nur die wenigsten: Albert «Bärti» Jütz hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts «Zogä am Bogä» (de Landamme tanzäd) zu Papier gebracht – bis heute die inoffizielle Urner Standeshymne und ein Gassenhauer par excellence! 2025 jährt sich Jütz› Todestag zum hundertsten Male.
Was macht einen guten Unterhalter aus? Können und Ausstrahlung, ganz klar! Bärti Jütz hatte beides: ein musikalisches Talent und eine einnehmende Art. Der junge Musiker war in der Frauenwelt äusserst beliebt und beherrschte nicht nur den Fingertanz auf dem Akkordeon vortrefflich, nein, er sang auch leidenschaftlich gerne und griff regelmässig zu Klarinette, Mandoline, Violine und zur Laute. Das Spiel auf dem mittelalterlichen Instrument hatte er notabene beim Soldatensänger und Liedersammler Hanns in der Gand (1882-1947) erlernt, einem anderen Granden der Urner Musikwelt. Eine Inschrift an der Fassade des «Café Central» im Herzen von Altdorf erinnert heute an die beiden begnadeten Unterhalter aus einer Zeit, in der die Bezeichnung «Star» noch nicht gebräuchlich war.

Die Standortwahl für die Schrifttafel ist kein Zufall: Wenn er nicht gerade auf der Göscheneralp weilte, wo seine Eltern das Hotel Dammagletscher führten, verbrachte Bärti seine Kindheits- und Jugendjahre im Haus Renner, dem heutigen «Café Central». Geich hinter dem Tell-Denkmal also und nur einen Steinwurf entfernt von der Wohnung der Familie Danioth. Mit deren Sohn Heinrich – der später als Kunstmaler zu Ruhm gelangte – sollte ihn zeitlebens eine tiefe Freundschaft verbinden. Geboren wurde Bärti Jutz im Jahre 1900. In Altdorf besuchte er das Gymnasium. Bereits im Alter von 19 Jahren erwarb der begeisterte Alpinist das Patent als Bergführer. Nach der Matura studierte Jütz an den Universitäten Freiburg und Zürich Zahnheilkunde. Dieses schloss er 1925 mit dem Staatsexamen ab. Seine grosse Leidenschaft indes galt stets der Musik – und den damit verbundenen Annehmlichkeiten in gleichwohl dankbarer wie fröhlich gestimmter Gesellschaft.

Wann immer es die Zeit zuliess, spielte Bärti Jütz im Gasthaus oder an Festanlässen auf. Zu seinen treusten musikalischen Gefährten gehörten nebst dem bereits erwähnten Heinrich Danioth auch Hans Iten und Hans Walker. Zusammen bildeten sie die Spielgruppe «Die Blaue Nacht», die mit ihren Darbietungen bald über Altdorf hinaus einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangte. Der Name «Die Blaue Nacht» lässt auf eine ausgeprägte und vor allem standfeste Verbundenheit der Musiker mit der vorgerückten Stunde schliessen. Und so war es auch: am liebsten spielte die illustre Kapelle unter erleuchteten Fenstern in dunklen Gassen auf – mitunter bis hinein in die frühen Morgenstunden.

In seinen «Erinnerungen an Bärti Jütz» zeichnet der Urner Heimatforscher und Autor Walter Bär-Vetsch ein äusserst facettenreiches Bild des jungen Musikers. Eine Frohnatur sei dieser gewesen, sportlich, geistreich, engagiert, pflichtbewusst, gutaussehend und überaus beliebt. Sein Leben wiederum sei geprägt gewesen von «zäher Berufsarbeit», «eigene und fremde Sänge» hätten «nur dem Stern froher Stunden» gegolten, wird sein Weggefährte Heinrich Danioth im Büchlein des weiteren zitiert. Fast scheint es, als hätten Bärti Jütz› Tage mehr als 24 Stunden gezählt, fand er doch neben dem Studium und der Musik auch Zeit für Engagements im Alpenclub, in der Trachtengruppe, der Theatergesellschaft, in Unteroffiziers- und Samariterverein, im See- sowie im Fussballclub. Bärti, ein Hansdampf in allen Gassen quasi.

Obwohl Bärti Jütz lediglich drei Stücke komponierte, nimmt er als Komponist bis heute eine wichtige Rolle ein in der Volksmusikszene. Nicht allein in Uri und in der Zentralschweiz, sondern im ganzen Land. Sein «Zogä am Bogä» gehört zu den beliebtesten Volksliedern überhaupt; es ist regelmässig am Radio zu hören und findet sich im Repertoire so manch einer Ländlerkapelle wieder. Darüber hinaus gilt die lüpfige Polka mit dem vermeintlich harmlosen Text als inoffizielle Hymne des Kantons Uri. Als verklausulierte Schmähschrift gegen das damals herrschende Tanzverbot niedergeschrieben, erfüllte «Zogä am Bogä» auch Jahrzehnte nach seiner Entstehung seinen Zweck: 1994 liess es sich der damalige Urner Landammann Hansruedi Stadler nicht nehmen, nach Bekanntgabe des für den Gotthardkanton erfreulichen Abstimmungsresultats zur Alpeninitiative das Tanzbein zu schwingen, um seiner Genugtuung Ausdruck zu verleihen. Logisch, welches Stück dazu erklang: «Zoga am Bogä» – de Landamme tanzäd…

Neben dem Gassenhauer «Zogä am Bogä» schrieb Jütz die Stücke «Wätterbrüün wiä Kafesatz», welches bald Verwendung als Urner Bataillonslied fand, sowie «Wenn äini eppä zwänzgi isch», in dem er auf humorvolle Art und Weise die Sorgen eines Vaters um seine unverheiratete Tochter thematisiert.
Dass es letztlich nicht mehr Kompositionen geworden sind, hat einen simplen wie gleichwohl traurigen Grund. Am 9. Juli 1925 kam Jütz bei einem Autounfall vor den Toren der Stadt Luzern ums Leben. Das tragische Ableben mit lediglich 25 Jahren und die Tatsache, dass nur zwei Konzertauftritte verbrieft, keine Tondokumente vorhanden und bis zum heutigen Tage kaum Bilder zu seiner Person greifbar sind, haben Bärti Jütz zu einem Mythos gemacht. Ein Mythos, der in fröhlichen Klängen weiterlebt. In der Volksmusik, in Uri, in der ganzen Schweiz.
Bärtis Jütz – eine musikalische Hommage
Anlässlich des hundertsten Todestages von Bärti Jütz interpretieren am 17. Mai 2025 im Theater Uri in Altdorf sechs verschiedene Urner Formationen das berühmte «Zogä am Bogä» auf ihre eigene Art und Weise.
Von Ländler bis Elektro, von Klassik bis Metal – das Haus der Volksmusik lädt zusammen mit dem Theater Uri zu einem spartenübergreifenden Abend ein.
Mit Livio Baldelli & Friends, Trapped Bull, MSU Streetband, Schäbyschigg, Franziska Bruecker & Dave Gisler, Genepi Quartett, Sandro Zgraggen und Tänzer Jeele Johannsen.
Zwei spannende Podien mit Lukas Niederberger und Peter Gisler zum Thema Hymne und zum Schaffen von Bärti Jütz runden den dreistündigen Anlass ab.
Ort: Theater Uri, Altdorf
Datum: 17. Mai 2025.
Zeit: Türöffnung 18:40 Uhr – Konzertbeginn 19:00 Uhr
Preis: Tickets à CHF 26.-/10.-/5.
Weitere Infos: www.hausdervolksmusik.ch

Gastblogger:
Flavian Cajacob ist Journalist und Leiter Öffentlichkeitsarbeit am Haus der Volksmusik Altdorf. In Luzern aufgewachsen lebt er heute in Zürich. Spätestens wenn der Zug den Bahnhof Sisikon verlässt und in Richtung Flüelen fährt, stellen sich bei ihm beim Anblick der Berge und des Urnersees Feriengefühle ein.