Die Entstehung und Bedeutung des «Weg der Schweiz» interessierte mich. Ich setzte mir zum Ziel, die vier Etappen in nur zwei Tagen zu bewältigen. Dieser Weg ist nicht nur ein Wanderpfad, sondern ein lebendiges Zeugnis der Schweizer Landschaft und Geschichte. Ich möchte euch hier von meinem ganz besonderen Abenteuer erzählen.
Anreise zum Rütli
Es begann an einem kühlen Septembermorgen, als der schrille Ton meines Weckers mich um 05:00 Uhr aus meinen Träumen riss. Ein Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus – ich war voller Vorfreude auf das, was vor mir lag.
In Nullkommanichts war ich angezogen und bereit, mein Abenteuer zu starten. Mit meinem 11 kg schweren Rucksack schwang ich mich um 05:40 Uhr aufs Velo und fuhr Richtung Bahnhof. Die Strassen waren wie ausgestorben.
Die Zugfahrten von Zürich nach Arth-Goldau und von Arth-Goldau im goldigen Treno Gottardo bis Brunnen verliefen reibungslos. In Brunnen angekommen, ging ich eine kurze Strecke bis zum Schiffsteg zu Fuss. Es war alles gut beschildert. Ich genoss die Umgebung und packte mein Handy bewusst weg: Handyfreie Zeit.
An der Schiffanlegestelle angekommen, bestieg ich das Schiff – voller Überzeugung. Doch als es früher losfuhr als erwartet und erst noch in die falsche Richtung, kamen Zweifel auf. Glücklicherweise klärte mich der freundliche Kontrolleur auf und ich kam ohne Zeitverlust mit dem Anschlussschiff wieder auf den richtigen Pfad. Nach der ersten Aufregung entspannte ich mich sogleich wieder.
Der Weg mit dem Schiff zum Rütli (Startpunkt meiner Wanderung) führte am imposanten Schillerstein vorbei, einem markanten Felsblock am Eingang zum Urnersee.
Grandiose Aussichten und Strandgefühl
Die Sonne liess das saftig grüne Gras auf der Rütliwiese leuchten, und ich genoss den Moment der Ruhe und der Kraft. Die Aussicht während meines Aufstiegs nach Seelisberg war atemberaubend.
Unterhalb der majestätischen Berge erstreckte sich der glitzernde See, dessen tiefenblaue Wasser die Spiegelung des Himmels und der Berge auf sich nahm. Die Wellen der Schiffe sah man leicht schaukeln. Diese grandiose Aussicht liess mich für einen Moment Innehalten und füllte mein Herz mit einer tiefen Dankbarkeit für die Schönheit unserer Natur. Ich passierte das charmante Schloss Beroldingen, bevor der treppenreiche Abstieg nach Bauen begann. Das Gewicht des Rucksacks liess meine Knie zittern.
Nach einem anstrengenden Tag erreichte ich schliesslich durstig und hungrig den Campingplatz in Flüelen. Dort baute ich müde bei Strand-Atmosphäre mein Zelt auf – allerdings musste ich per Telefonjoker meinen Bruder um Rat fragen, ich vergass einen Stab in ein Loch zu stecken. Im Nachhinein kann ich darüber lachen: Ich würde nicht nur den Zeltaufbau vorher einmal üben, ich würde auch mehr Reiseproviant und Wasser einpacken.
Beim wohlverdienten Abendessen war es seltsam, alleine am Tisch zu sitzen. Ich hatte nette Begegnungen, die Müdigkeit schien mir ins Gesicht geschrieben, Passanten bewunderten meine Leistung. Als ich Abends noch am See sass und meine Gedanken ordnete, genoss ich das Geräusch der Wellen, als sie an die Steine platschten.
Die Nacht verlief überraschend gut, obwohl mein Schlafsack nicht besonders bequem war. Am nächsten Morgen taten mir zwar alle Knochen weh, trotzdem brach ich früh auf und setzte meine Wanderung fort.
Unzählige Treppenstufen werden belohnt
Meine Beine spürte ich vor allem, weil nun übermässig viele Treppenstufen folgten. Vorbei an Zug-Gleisen und am Glockenspiel kam ich gefühlt unendlich viele Treppenstufen später steil bergab zur Tellskapelle am See.
In Sisikon packte ich all meine Energie und nahm den Aufstieg nach Morschach in Angriff. «Kurz aber heftig» beschreibt diesen Wegteil ganz gut. Beim Fotospot «Tannen Morschach» verweilte ich bei einer bombastischen Aussicht.
Der weitere Weg nach Brunnen führte mich vorbei an schönen Blumengärten, dem Swiss Holiday Park und einer süssen Kapelle. Plötzlich hatte es wieder Leute überall.
Auf der Rückreise traf ich Mirjam Camenzind von der IG Wiege der Schweiz zum spannenden Interview. Ich war beeindruckt zu erfahren, wie wichtig der vor 33 Jahren entstandene «Weg der Schweiz» auch heute noch ist für den Tourismus in der Erlebnisregion Wiege der Schweiz.
Die weitere Rückreise verlief reibungslos, und ich kam vollkommen zufrieden und entspannt zuhause an, bereichert um viele neue Erfahrungen und Erinnerungen.
Diese Reise auf den Spuren der Eidgenossen hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, hin und wieder aus dem Alltag auszubrechen und die Schönheit der Natur zu geniessen. Es war eine Wanderung voller Herausforderungen und unvergesslicher Momente, die ich für immer in meinem Herzen tragen werde.
Bis zum nächsten Abenteuer, eure Sabrina
Meine persönlichen Highlights
- Schillerstein: Zuerst stand er als «Wegweiser zur nahen Rütliwiese». Zum 100. Geburtstag des deutschen Dichters Friedrich Schiller wurde der Mythenstein in Schillerstein umbenannt. Man ehrte ihn damit für das weltberühmte Drama von Wilhelm Tell.
- Rütli: 1291 sollten dort Vertreter der Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden den Rütlischwur geschworen haben. Das Rütli wird auch heute noch als «Gründungsstätte» der Schweiz bezeichnet. Mehr zum Rütlischwur.
- Portale: Nachgestellter Schillerstein als Portal zur Kennzeichnung der Einstiegspunkte für den Weg der Schweiz. Sie wurden durch die Dätwyler Stiftung ermöglicht.
- Seelisberg: Geschichtliche Informationen auf der Geschichtsreise Seelisberg: Du erfährst mehr über Transportwege zum Gotthard, die Erfindung des Rütlis oder die Rettung des Rütlis.
- Fotospot Schillerbalkon Seelisberg: Aussichtspunkt mit Ausblick auf das Rütli, die Tellsplatte und dem Urner Hauptort. Die natürliche Kulisse, welche die Grundlage für das Drama «Wilhelm Tell» bildete.
- Fotospot Waldweidli Teufelsmünster: Eine wuchtige Schlucht zum See hinab von Seelisberg. Der Geschichte nach ist dort der Teufel hinabgesprungen, nachdem er als Belohnung für das Bauen er Teufelsbrücke «nur» einen Ziegenbock bekommen hat. Dabei hat er seinen Gesichtsabdruck im Felsen hinterlassen – seitdem wissen die Seelisberger, wie der Teufel aussieht.
- Schloss Beroldingen: Erbaut im Jahre 1545, zu Ehren von Christi Auferstehung. Von aussen ein kleines Schlösschen mit wenig Fenstern. Die Holzfassade macht das Schoss warm und einladend.
- Fotospot Zwyssighaus Bauen: Statue vom Kopf des Komponenten Alberik Zwyssig, der 1841 die Schweizer Nationalhymne geschrieben hat.
- Tellsplatte: Tellssprung in Sisikon. Wilhelm Tell soll mit einem kräftigen Sprung beim gewaltigen Föhnsturm vom Boot auf die Tellsplatte gesprungen sein. Mehr zur Tellsgeschichte.
- Glockenspiel Sisikon: Dies steht oberhalb der Tellskapelle und kann von jedermann tagsüber ab 9 Uhr jeweils während der ersten 10 Minuten jeder vollen Stunde kostenlos in Betrieb genommen werden. Spielt z. B. die Ouvertüre zu Rossinis Wilhelm Tell, der Hochzeitsmarsch oder Volkslieder der vier Schweizer Sprachregionen. Es wurde von der schweizerischen Schokoladenindustrie dem Weg der Schweiz geschenkt.
- Tellskappelle: Zur Erinnerung an den Sprung des Volkshelden wurde die Kapelle erbaut. Sehr schöne Lage direkt am See.
- Fotospot Tannen Morschach: Vom Baudenkmal aus sieht man über den gesamten Urnersee, das Rütli, die Tellsplatte oder auch den Schillerstein. Das Haus Tannen ist eines der ältesten Holzhäuser im Kanton Schwyz. Es wurde 1341 erbaut.
- Platz der Auslandsschweizer: Er wurde wie auch der Weg der Schweiz zum 700-Jahr-Jubiläum, am 4.Mai 1991, der Öffentlichkeit übergeben. Eine weltweite Spendenaktion der Auslandsschweizer und ein grosser Beitrag der schweizerischen Eidgenossenschaft machten den Erwerb und die Gestaltung des Platzes möglich.
Weitere Informationen & Links:
Gast-Bloggerin & Fotos: Sabrina Hasler, 19, aus Gipf-Oberfrick