Alpaufzug Alp Galenstock oder da wo Kühe ihre Sommerferien verbringen 

Kategorien Allgemein, Andermatt, Kultur, Menschen, Nachhaltigkeit, Natur, Tiere

Im Juni fahren fast täglich riesige Viehtransporter mit Vierbeinern aus dem Unterland in die Höhe; die Alp-Saison startet. Während der Alpabzug jeweils ein grosses Event im Spätsommer ist, so darf aber auch der kleine Bruder zu Beginn der Sommerzeit als ganz spezielles Ereignis gefeiert und erlebt werden.  

Die Sonne schenkt dem Urserntal die ersten warmen Strahlen, als ich mich frühmorgens mit Anita Arnold-Meyer treffe. Sie kommt von der Alp Galenstock und heute heisst es: «Fahrtricheln auf und los geht’s.» Die rund 25 eigenen Kühe der Familie Meyer sind bereits vor zwei Wochen nach Hostetten, einem kleinen Weiler oberhalb von Realp, gezogen. Dort waren sie als fleissige Landschaftsverschönerinnen tätig und nun fahren bzw. laufen sie also auf die Alp Galenstock in die wohlverdienten Sommerferien.  

Zuerst gilt es aber noch, auf unserer Wegstrecke einzelne Stellen abzuhagen und ich finde mich direkt im Handwerk der Landwirtschaft wieder. Anita erklärt mir, dass die Kühe an diesen Punkten immer querfeldein wollen, was teilweise auch gefährlich sein kann. Die meisten Bereiche zur Strasse hin sind bereits mit einem kleinen Zaun begrenzt worden für den Sommer auf der Alp, bei welchem die Kühe rund 100 Tage verweilen werden. Da das Gras anfangs Juni jedoch in den höheren Lagen, in unserem Fall auf 2000 m.ü.M noch zu kurz war, erfolgt der Alpaufzug in zwei Etappen. 

Als wir beim Stall ankommen, ist Anitas Vater Fix bereits dabei, den Kühen Tricheln anzulegen. Nicht jede erhalte eine, es sei immer ein wenig eine Lotterie, ob eine Kuh gut tricheln kann, meint er mit einem Schmunzeln. Es liegt eine Mischung aus Anspannung und Vorfreude in der Luft, als die erste Kuh aus dem Stall kommt und sich unser Tross, angetrieben von Hund Feglia, in Bewegung setzt. Bauer Chrigi läuft vorneweg, Anita treibt im Mittelfeld und wir machen den Schluss; Schulkinder Levin und Jael sowie Gehilfe Lenny. Wir tauchen ab in einen ganz eigenen Kosmos, als grosse Aufzugs-Gemeinschaft und ich finde mich in einer wunderschönen Atmosphäre wieder. 

In zügigem Tempo laufen wir die Furkapassstrasse hoch und lassen uns vom idyllischen Klingen der Tricheln begleiten. Der motorisierte Verkehr muss sich kurz in Geduld üben, da ein Überholen der Kühe unübersichtlich und gefährlich wäre. Entgegenkommende Autos quittieren uns mit einem Schmunzeln und schauen gebannt diesem unerwarteten Spektakel zu. Nach rund 45 Minuten erreichen wir bereits das Tagesziel kurz unterhalb der Alp Galenstock. Auf einem grossen Wendeplatz warten wir auf die ankommenden Kühe aus der ganzen Schweiz. Es kommt mir vor, wie bei einem Sprachaufenthalt in der Schule; Kühe aus der Ostschweiz, Schwyz, Uri und Luzern verbringen den Sommer bei Familie Meyer. Ob sie dieselben Verständigungsprobleme haben, wie wir damals im Welschland, lasse ich mal offen. 

Während das grosse Zusammenführen stattfindet, erklärt mir Anita, warum eigentlich Fremdkühe ihre Sommerferien auf der Alp verbringen: «In den höheren Lagen ist das Gras in grossen Mengen verfügbar und die Kühe sind somit den ganzen Sommer leicht zu verpflegen, was im Unterland nicht überall möglich ist. Zudem geniessen die Tiere die kühleren Temperaturen und geben uns so wertvolle Milch, die wir für unseren Käse verwenden.» Unterdessen werden die rund 20 Gast-Kühe an Bauer Chrigi übergeben und dies wird alles schriftlich festgehalten, damit man immer weiss, wo welche Kuh ist.  

Nach getaner Arbeit fahren wir das letzte Stück zur Alp Galenstock hoch und verköstigen uns mit einem von Anitas Mutter Marianne vorbereiteten Frühstück. Auch Lori der Mann von Anita und die Kinder wohnen im Sommer auf der Alp und so sitzen wir noch einen kurzen Moment zusammen am Tisch, bevor Anita dann bereits mit dem Käsen startet. Gemeinsam mit Marianne ist sie für den feinen Alpkäse zuständig, welchen sie sowohl vor Ort, als auch im Talboden in Andermatt verkaufen. Ich erhasche einen kurzen Blick auf die ersten Käselaibe, welche bereits produziert wurden und freue mich schon jetzt auf ein erstes Stück davon, welches mich sicherlich wieder an diesen wunderbaren Alpaufzug zurückdenken lässt. 


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